Tipps & Packliste
Als ich mit dem Senior 2012 begonnen habe die Jakobswege zu pilgern, betrug das Gewicht meines Rucksacks etwas mehr als 10 kg. Mit der Erfahrung von 4 Pilgerreisen, und dem Kauf diverser Ausrüstungsgegenstände, beträgt mein derzeitiges Rucksackgewicht noch 6,1 kg (ohne Wasser u. Proviant). Es ist also Zeit für eine Packliste und ein paar kleine Tipps und Tricks um sich das Wandern / Pilgern zu erleichtern.
Wer sich zum ersten Mal mit dem Wandern oder Pilgern beschäftigt, sieht sich vor allem mit einer Frage konfrontiert => Was brauche ich wirklich? Meiner Meinung nach, ist das nicht wirklich viel. Es geht vor allem ja auch darum, mit Wenig auszukommen und nicht für jeden Fall der passieren könnte, gleich das richtige Pflaster, oder sonstiges Utensil dabei zu haben. Es kann und sollte vielleicht auch gerne einmal improvisiert werden. Im Übrigen gibt es lustigerweise in jedem Dorf durch das man läuft, mindestens eine Farmacia (deu.: Apotheke). Die haben auch Blasenpflaster und Schmerztabletten… und das auch viel günstiger als in Deutschland. 😉
Das Wichtigste, aber auch wirklich Allerwichtigste was man haben sollte und was immer funktionieren muss ist: Ein Handy! Klingt blöd, ist aber so. Mit dem Handy beginnt es bereits am Flughafen. Mal ehrlich, bei welcher Airline bekommt man noch einen Zettel für das Boarding in die Hand gedrückt? Mit dem Handy sucht man unterwegs den richtigen Weg (oder kontrolliert, ob man noch auf dem richtigen Weg ist), man macht seine Erinnerungsbildchen, sucht die Unterkünfte, Restaurants, Supermärkte, Bars, usw., hält per Socialmedia oder Oldscool per Telefon Kontakt nach Hause, hört Musik beim Laufen und zieht sich vielleicht am Abend in der Herberge noch einen Film rein, wenn man gerade keine Lust auf Blasengespräche hat. Achja und bevor ich es vergesse: Bezahlen kann man mit den Dingern mittlerweile auch fast alles und überall. In Spanien / Portugal wahrscheinlich sogar bsser als in Deutschland.
Ich werde hier keine Empfehlung abgeben welches Mobiltelefon man sich anschaffen sollte. Dafür ist dieses Thema viel zu schnelllebig und auch eine reine Geschmacks- und natürlich auch Geldfrage.
Die nächste wichtige Frage ist wohl das Schuh-Thema! Hierbei kann man auch nach mehreren Wegen noch sehr viel falsch machen, wie ich aus eigener Erfahrung zu berichten weiß. Blasen sind hierbei noch das kleinste Übel. In 2022 hatte ich mir die Lowa Renegades gekauft und mehrere Monate eingetragen. Erst auf der Via de la Plata, merkte ich zu spüren, das die Stiefel für meine Hobbit-füße viel zu eng im vorderen Bereich geschnitten waren. Ich bin zwar mit den Tretern bis ans Ziel gekommen, aber ein Vergnügen war es nicht unbedingt. Vor allem die Bergab-Passagen machen einen zu schaffen, wenn die Zehen nach vorne rutschen und langsam zusammengepresst werden. Daher merke man sich: Schuhe immer 1-2 Nummern größer kaufen und darauf achten, das man beim anprobieren die richtige Socke trägt mit der man später auch läuft (ich empfehle hierbei Wollsocken). Auf dem letzten Weg in Portugal habe ich einige Mitstreiter gesehen, welche mit Turnschuhen (keine Trailrunningschuhe) gelaufen sind. Am lustigsten war zu beobachten, als sie an einem Regentag vor den Pfützen und Matschwegen standen und nicht genau wussten, wie man ohne nasse Füße da durchkommen soll. Ja, es kommt manchmal auch vor, das es in diesen Ländern regnet ;).
Ich trage sehr gerne Lederschuhe, welche ich vor jeder Reise noch einmal ordentlich mit Wachs bearbeite. Lederschuhe sind zwar schwerer im Gegensatz zu Synthetikschuhen, jedoch fallen, wenn ich meine Füße aus der Geißel des Laufwerks befreie, nicht gleich die Fliegen von der Decke der Herberge. Stichwort: Käsefüße.
Kleine Ergänzung bzw. Meinungsänderung: Auf dem Camino Primitivo trug ich erstmalig Synthetikschuhe der Firma On. Es soll jetzt keine Werbung sein, aber mit den Wanderstiefeln hatte ich erstmalig keine Probleme beim Laufen und die Fliegen blieben auch an der Decke hängen. Insbesondere hat mir die gute Dämpfung der Sohle gefallen. Auf hartem Untergrund, wie Asphalt, zahlt sich diese ganz besonders aus. Das Einzige was ich bemängle ist, das man den Oberstoff nicht sauber bekommt wenn man in Kuhscheiße getreten ist (und das kommt öfter vor als man denkt).
Das Thema Regen habe ich bereits mit den Schuhen angeschnitten. Dann kommen wir mal zur restlichen Regenbekleidung. Zur Auswahl stehen: Regenjacke, -hose, Poncho und/oder Regenschirm.
Mein persönlicher must have (deu.: musste haben :), ist der Regenschirm! Warum? Wann erlebt man schonmal einen kompletten Regentag, an dem es 24h aus Kübeln gießt? Viel häufiger erlebt man dann doch eher diese kleinen Regenwolken, welche kurz mal abregnen und nach 10 Minuten wieder verschwinden, bis dann die nächste Wolke vorbeikommt. Wie schön ist es dann, wenn man mal kurz den Schirm auf und wieder schliessen kann, ohne sich erst minutenlang in sein Regenoutfit rein und rauszupressen. Noch nerviger ist es mit dem Poncho, wenn man sich bei dem Versuch, ihn über den Rucksack zu ziehen, fast umbringt. Ein Regenschirm erfüllt noch einen Zweck für mich. Wenn es nicht regnet, aber dafür die Sonne brennt, ist es ein Sonnenschirm. Knoff-Hoff!
Eine Regenhose hatte ich 2022 auf der Via de la Plata dabei und habe sie genau einmal getragen. Das Resultat war, das ich an dem Tag von innen nasser war als von aussen. Also bleibt die Regenhose bei mir künftig im Schrank.
Eine Regenjacke, bzw. Hardshelljacke, nehme ich jedoch mit. Zum Einen, um die eventuelle morgendliche Kälte abzuhalten und zum Anderen, falls es mal doch aus allen Wolken schütten sollte. Wie im Beispiel des Regenschirms erfüllt also auch die Jacke eine Doppelfunktionen. Dies bringt mich zu einer meiner wichtigsten Regeln beim Packen:
„Sie zu das eine Sache für mehrere Zwecke genutzt werden kann!“
Und so kommen wir zum Hals-, Schlauch- bzw. Multifunktionstuch. Ich würde niemals ohne diese geniale Erfindung einen Weg laufen. Diese Tücher sind dafür bekannt, nicht nur um den Hals getragen zu werden, man kann daraus auch ein Stirn- oder Armband oder Mütze usw. formen. Ausserdem kann man sie gut als Schlafmaske nehmen, um früh in den Herbergen nicht direkt um 6 Uhr geweckt zu werden, wenn jemand das Licht einschaltet. Beim Camino Frances wurde das Tuch sogar als Wedel gegen Fliegen eingesetzt, welche ständig vor meinem Gesicht herumflogen.
Wer sich die Blogs von der Via de la Plata durchliest, wird irgendwann auf einen Artikel stossen, bei dem es um Schafswolle geht. Kurze Erläuterung: Ich hatte erstmals mit nervigen Blasen an der Innenseite meines kleinen Zeh´s zu tun, welchen ich mir jeden morgen tapen musste (Tapeband = Leukoplast, da komme ich aber noch d’rauf zu sprechen). Ein Priester gab mir dann ein wenig englischer Schafswolle von Zuhause und Tipps, wie ich diese anzuwenden habe. Das Ergebnis war phänomenal und brachte mir folgende Erkenntnis: Vergesst die überteuerten Blasenpflaster und schnappt euch ein Schaf :). Nein, nur ein Witz! Man kann die Schafswolle auch bei Outdoorspezialisten kaufen (wahrscheinlich auch beim Onlinegroßhändler der mit A***** anfängt). Zur Anwendung: Man positioniere die Wolle auf den betreffenden Bereich, also die Blase, und ziehe sich dann eine Wollsocke darüber. Wolle und Socke gehen hierbei eine Symbiose ein, welche dafür sorgt, das die Schafswolle an Ort und Stelle bleibt wenn man läuft. Außer das man sofort wieder besser laufen kann, sorgt das Fett in der Wolle für eine bessere Heilung. Da die Wolle so gut wie nix wiegt, kann man sie ruhig mit sich herumtragen, auch wenn man sie unbedingt benötigt. Vielleicht kann man aber auch einen Mitpilger damit eine Freude machen.
Leukoplast = theoretisch könnte man darauf verzichten, weil man ja Wolle dabei hat… also theoretisch! Meine Meinung lautet jedoch: unbedingt und definitiv einpacken und mitschleppen! Wichtig dabei ist: Es sollte Leukoplast sein!!! Alles andere hält nicht. Anwendungstipp: Faltenfrei und sofort bei aufkommenden Schmerz verarbeiten. Nicht damit warten, bloß weil die nächste Herberge oder Bar nur noch 3 km entfernt ist. Nope! Wenn´s brennt dann sofort Tapen, also Abkleben! Ich glaube den Fehler machen sehr viele Leute und auch mir selbst, passiert es hin und wieder, weil ich es vergesse, ignoriere, oder einfach nur zu faul bin. Danach bereut man es tagelang.
Isoliermatte = habe ich noch nie gebraucht und musste auch noch nie auf dem Boden schlafen. Irgendwo liest man immer wieder davon, das Pilger in einer Turnhalle, Kneipe, usw. auf dem harten, kalten, steinigen Boden schlafen mussten, weil sie nirgendwo eine Unterkunft bekommen haben. Die haben dann wahrscheinlich Regel Nr. 1 vergessen => das HANDY.
So, genug mit den guten Ratschlägen. Hier kommt meine persönliche Packliste:
- Rucksack = Atom+ (https://atompacks.co.uk/) => 656g lt. Herstellerangabe (meiner hat aber zus. Taschen, daher wiegt er ca. 700-750g)
- Wanderstöcke = Leki Makalu FX Carbon AS => 522g
- Regenschirm = Mont~Bell Trekking Umbrella => 156g inkl. Tasche
- Stirnlampe = Petzl => 85g
- Handy Netzteil + 2 Kabel => ca. 100g
- Rucksackschutzhülle = JourNext => 360g
- Drogerieartikel => 303g inkl. Cocoon Carry On Liquids Bag
- Medizinartikel => 313g inkl. Cocoon Carry On Liquids Bag
- Schafswolle => 19g
- Schlafsack (Deuter LightPack+ Mikrophaserhandtuch => inkl. Packsack 774g
- Schlafmaske => 16g
- Arcteryx Beta AR => 451g
- Vliesjacke (Schöffler Cincinatti2) => inkl. Packsack 311g
- Shirts = 2x kurz, 1x lang => inkl. Packsack 418g
- Zipoff-Hose (Haglöffs) + Shorts (Fjällraven) => inkl. Packsack 690g
- Unterhosen 2 Stk. (Royal Robbins) => inkl. Packsack 156g
- 2+1 Paar Socken => inkl. Packsack 153g
- Badelatschen = Crocs Crocband Flip => 243g
- Turnschuhe = On Clouds => 430g
Bis auf den Rucksack habe ich alles einzeln abwiegen können. Beim letzten Mal wurden 6,1 kg Gesamtgewicht angezeigt.
Ein wichtiger Hinweis noch zu der obigen Packliste: Diese bezieht sich auf den Worst case, also schlimmsten Fall und beinhaltet nicht die Dinge, welche ich bei schönstem Wetter am Leib tragen werde. Dies sind bspw. am Flugtag: Shirt, Hose, Basecap, Portemonnai, Tabak, Feuerzeuge, Handy + In-Ear Kopfhörer, Sonnenbrille, Wanderstiefel, Socken, Unterhosen. Beim Packen sollte man also immer von 30° Grad und Sonnenschein ausgehen. Dann weiß man, was man an diesen Tagen auf dem Rücken tragen muss. Wasser und Proviant fehlen natürlich auch noch, aber wer weiß schon, was man morgen essen möchte. 😉
Ich hoffe, das ich etwas helfen konnte und wünsche viel Spaß beim Packen.