Camino Primitivo

Guten Abend

So, der heutige Tag begann etwas merkwürdig. Ich stand gegen 6.30 Uhr zusammmen mit Eduardo, der im Zimmer nebenan schlief, auf und machte mich fertig.

Ich merkte gleich, das mein rechtes Knie zu knacken begann und fragte mich ernsthaft, ob ich die heutige Etappe in Angriff nehmen soll. Auch zwei Kniebandagen brachten nicht den erwünschten Erfolg, sondern verstärkten das Knacken noch.

Ich brachte Eduardo nach unten und wir versuchten in Richtung der Alststadt einen Kaffee aufzutreiben. Leider war nichts offen. Wir verabschiedeten uns und ich schlenderte kurz in die Altstadt hinein und fand eine geöffnete Bar.

Als ich so meinen zweiten Kaffee schlürfte und mich fragte was ich jetzt tun soll (Option 1: Taxi bis zur nächsten Etappe, Option 2: Bleib mit dem Hintern einen Tag lönger Lugo und geniesse das fette Apartement, Option 3: Setz dich in Zug und fahr nach Santiago und buch den Flieger), sah ich diverse Pilger an mir vorbeiziehen.

Plötzlich stand Ted vor mir, ein Schauspieler der derzeit in London lebt und mit dem wir seit Tag 1 den Primitivo gegangen sind. Wir unterhielten uns kurz über unsere Knieprobleme und dann machte es Klick in meinem Hirn. Ich will weiterlaufen. Wenn ich nicht mehr kann, rufe ich ne Taxe oder schmeiß mich vor‘n Wagen. Scheiß drauf. Also ging ich ins Appartement, schnappte mir meinen Rucksack und los ging‘s.

Kurz darauf traf ich Henna, die am Eingang der Stadtmauer stand und im Rucksack herumkramte. Wir quatschten kurz über‘s Knie und entschieden den heutigen Tag im Schlendergang gemeinsam zu verbringen. So schlürften wir gemeinsam aus der Stadt und verbrachten einen angenehmen Tag miteinander. Sobald sich die Möglichkeiten ergaben, machten wir Päuschen, trafen diverse Pilger der vergangenen Tage und liefen am Ende zusammen nach 27,4 km in Ferrera ein, wo bereits Eduardo im Hotel Casa de Ponte auf mich wartete.

Henna

Es ist ein schickes kleines Hotel in ruhiger Atmosphäre und dem unfähigsten Personal, was man sich vorstellen kann.

Mal abgesehen davon, das ein Lächeln die Welt verändern kann, wird man hier ständig herumkommandiert, das jetzt abgerechnet, da die Kasse schliesst, oder man wird aus dem Esssaal herauskomplimentiwrt, da dieser ebenfalls geschlossen werden soll, obwohl man gerade noch einen Wein trinkt. Unbelievable, is‘nt it!?

Ja, Fachkräftemangel herrscht nicht nur in Deutschland. Edu weißt mich beim Essen gehen ständig darauf hin, das die meisten Kellner die uns in Restaurants, etc. bedienen, gar keine Spanier mehr sind, sondern Brasilianer. Da denkt man schonmal nach, oder!?

Naja, wir haben heute mit Philipp gegessen. Philipp ist ein deutscher Landsmann aus Hannover. Wenn man ihn sieht, denkt man, das gerade auf dem Weg ins Büro ist. Wieso? Na, weil er stäbdig ein Hend trägt zu seinen Outdoorhosen und immer irgendwie akurat gekleidet aussieht. Er ist uns bereits vor Tagen aufgefallen, da er aus der Masse heraussticht. Aber er ist wirklich ein netter Zeitgenosse mit dem ich heute sogar zusammen mit Henna die letzten Kilometer gelaufen bin. Philipp hat eine Pauschalreise gebucht. Soll heißen, das seine Hotels bereits für die Etappen vorgebucht sind und wr sich sein Gepäck immer vorausschicken lässt. Eigentlich geht sowtwa gar nicht für uns „echte“ Pilger, aber was soll‘s. Er ist ziemlich auf blauen Dunst unterwegs und weiß nicht wirklich viel über dieses ganze Pilgerzeug, wie beispielsweise die Pilgermesse in Santiago, die Compostella und so weiter. Irgendwie finde ich das sehr beneidenswert, wenn man so unbedarft diesen Camino laufen kann. Aber Glück und Naivität gehören wohl auch dazu.

Ich mach jetzt Schluss und morgen ist auch ein Tag. Nacht!

Wir haben heute auf der Facebookswite der gestrigen El Oase (wo der Typ mit den Melonen stand) unser Foto wiedergefunden. Nette Erinnerung 😃

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