Geldverschwendung und Konfrontation auf Spanisch
Ich bin um 23 Uhr gestern ins Bett geschlüpft und habe dieses heute früh um 6 erst wieder verlassen. Ich habe geschlafen wie ein Toter. Die letzten Wochen haben ihre Spuren hinterlassen. Das sieht man auch an meinem körperlichen Zustand. Als ich in Sevilla losgelaufen bin, konnte ich gerade einmal noch erste Loch meines Gürtels schließen. Jetzt bin ich mittlerweile beim dritten Loch angelangt. Falls jemand eine gute Art braucht abzuspecken, ich hätte da eine Idee. Dauert nur 7 Wochen. Das Rauchen aufzugeben habe ich allerdings nicht geschafft. Man kann halt nicht alles haben.
Nun zum heutigen Wandertag! Die zwei Peter‘s und ich trafen uns um 8 Uhr in einem Café in der Nähe unseres Hostal Conde Rey. Das Hostal war übrigens nicht schlecht. Es war sauber, die Dusche war heiß und das Bett sehr groß. Für 30€ kann man nicht meckern.
Gegen halb neun liefen wir dann los. Das Wetter war bewölkt und für später war auch etwas Regen angesagt. Wir liefen zwischen Wäldchen hindurch hatten einige schöne Aussichten zum genießen und alles in allem hätte es noch sehr schön werden können.
In Ponte Ulla deckten wir uns im Supermarkt mit Essen ein und verteilten alles auf unsere Rucksäcke. Trotzdem hatten wir immer noch 2 Tüten mit Essen, die wir die letzten 3,4 km bis nach O Outeiro schleppen mussten. Der Grund warum wir so viel eingekauft haben war der, das wir wussten, das es ausser der Herberge sonst nichts gibt wo wir etwas zu essen bekommen. Aber wir wussten, das die Herberge eine Küche besitzt. Diese wollten wir dann für ein gemeinsames letztes Abendmahl nutzen.
Gerade als wir aus dem Supermarkt kamen, fing es an zu regnen. Also wieder rein in den Supermarkt und die Regenklamotten rausgeholt und übergezogen. Auf den 3,4 km wurde es immer mehr und heftiger. Natürlich ging es dann auch noch die ganze Zeit bergauf und immer wenn wir dachten, das wir oben angekommen sind hieß es: Only one hill more! (Nur noch ein Hügel). Das wurde dann aber auch ein schlechter Scherz für uns irgendwann.
Wir erreichten gegen 13 Uhr die Herberge der Xunta de Galicia. Drei Typen klitschnass und fertig von Regen und der Schlepperei unseres Essens. Die Tür war verschlossen, aber wir hatten vorher bereits jemanden gesehen der drinnen sauber machte. Also klingelten wir. Ein Herr kam an die Tür und sabbelte uns auf spanisch das Ohr ab. Wir verstanden immer nur Uno Trezenta (oder so ähnlich). Wir waren verwundert und versuchten herauszufinden wann die Herberge öffnet. Es half nix. Das Männlein in der Herberge wurde mit jedem Mal das wir klingelten etwas hysterischer und gereizter. Wir sahen in unseren Wanderführern nach und überall stand, das die Herberge um 13 Uhr öffnet. Also klingelte unser Canada Peter noch einmal. Das Männlein kam an die Tür gestürmt schrie laut um sich und verpisste sich laut vor sich hin meckernd. Dann platzte mir der Arsch und ich schrie in voller Lautstärke zurück…auf Deutsch. Ich dachte mir, was der Penner kann, kann ich schon lange. Und wenn er glaubt, das ich sein spanisches Geschreie verstehe, zahle ich es ihm in guter deutscher Manier zurück.
Die Tür öffnete sich und das Männlein entpuppte sich als der Hospitaliere. Immer noch meckernd, aber bemüht unsere Credencials abzustempeln und unsere 8€ anzunehmen beruhigte er sich langsam aber stetig.
Wir inspizierten unser heutiges Zuhause und stellten einmal mehr fest, das es neuwertig, absolut modern und, gemessen an der Anzahl der zu erwartenden Pilger, völlig überdimensioniert ist. Zuerst inspizierten wir die Cochina, also die Küche. Neu, absolut gepflegt, aber mit 0 Kochutensilien ausgestattet. Was nutzt bitte eine tolle Küche, wenn kein Topf da ist um zu kochen. Auch Geschirr, Teller, etc. fehlen komplett. Alle Schränke sind leer. Was ist das bitte für ein Schwachsinn und warum steht davon nix im Wanderführer oder in den Apps? Dann sollen sie gefälligst die Küche herausstreichen, das ist die reinste Augenwischerei und Verarschung.
Die Herbergen in Galizien sehen teilweise aus, als wären sie von irgendwelchen Stararchitekten entworfen worden. In der letzten Herberge in A Laxe, wurde anstelle der sonstigen PVC Wasserleitungen sogar Edelstahl und Kupfer verbaut. Also das Teuerste vom Teuersten. Die Architektur des Hauses war in Sichtoptik gemixt mit dunklen Hartholz im Innenraum ausgeführt, von außen alles mit dem Typisch galizischen Stein verkleidet… sorry, hier spricht der Architekt aus mir heraus, aber es geht bestimmt auch günstiger. Soviel brauchen wir Pilger nicht zum glücklich sein. Meistens reicht uns eine funktionierende Dusche völlig aus.
Zumeist sind diese Luxusherbergen genau dort zu finden, wo die Menschen in kleinsten, ältesten Häusern leben. Es ist also kein Wunder wenn manche Einwohner auf Pilger nicht gut zu sprechen sind, wenn die sehen was die Xunta de Galicia alles für sie bauen lässt, wärend Oma in einer kleinen Steinhütte sitzt und sich den Hintern abfriert.
Mittlerweile ist dieses Thema bei uns ein fester Bestandteil unserer Unterhaltungen beim Abendessen. Werden für diesen Schwachsinn eigentlich EU Fördergelder verbaut? 🤔 Ich / Wir hoffen es nicht!
Das ruhigste Mitglied unserer kleinen Gemeinschaft, Dutch-Peter, sprach den Hospitaliere an, das wir eigentlich dachten uns ein Essen kochen zu können, da es in der Nähe nichts gebe. Der Hospitaliere informierte ihn daraufhin, das sich ein Restaurant weiter entfernt befinden würde, das uns das Essen liefern könnte. Später bot er sich dann sogar an, für uns anzurufen um die Bestellung aufzugeben. Wir nahmen das Angebot dankend an und gaben unsere Bestellung bei ihm auf. Als kleines Dankeschön schenkten wir ihm einen Teil unserer Einkäufe und siehe da, er organisierte uns einen Korkenzieher, damit wir unseren Wein zum Essen genießen konnten. Auf einmal sind wir fast schon gute Freunde.