Via de la Plata

Was war das denn Bitte? Noch ein Lümmeltag?

5 Uhr früh. Unter meinem Kopfkissen brummt der Wecker meines Handys. Ich steh auf und mach mich bereit für die nächste Etappe. 5.30 Uhr ich gehe runter an die Rezeption und wecke somit den Nachtwächter des Hostels, der auf einer Couch im Foyer gepennt hat. ‚Buenos Diaz‘ schallt es voller Vorfreude auf den heutigen Tag aus meinem Hals. Jetzt ist er richtig wach.

Draußen auf der Straße ist es noch stockduster. Die einzigsten Menschen die Mann sieht sind die Feierwütigen, welche jetzt erst nachhause gehen um zu schlafen. Ich hingegen suche meinen Weg aus der Stadt per GPS. Gegen 6 Uhr habe ich die Stadtgrenze erreicht und laufe über die Landstrasse Richtung Casar de Caceres. Da es keine Laternen gibt, setze ich lieber meine Stirnfunzel auf um nicht gleich von dem ersten Auto überfahren zu werden.

Habe ich schon den Fuchs erwähnt, der mit mir zusammen ein paar Meter gelaufen ist? Ich dachte zuerst es eine Katze, weil er so klein war. Dann wunderte ich mich aber doch etwas über die langgezogene Schnauze. 😂

Es geht ca. 5-6 km über Asphalt und dann entlang der Landstraße auf Schotter. Langsam geht über dem Horizont die Sonne auf. Es ist 7.15 Uhr. Ein schöner Morgen zum Laufen. Ich dreh die Musik auf, welche die dysenjetähnlichen Geräusche der Autos von der parallel verlaufenden Landstraße übertönt.

Es ist 8 Uhr als ich in Casar de Caceres einlaufe. Nach 300 m sehe ich auf der linken Seite die Albergue Touristico, welche augenscheinlich über ein geöffnetes Café verfügt. Ich schreite hinein um mir meine morgendliche Dosis Koffein abzugreifen und frage die Dame hinterm Thresen, ob sie mir ein Taxi organisieren kann. Wie üblich versteht sie kein Englisch. Stattdessen geht sie zu einer kleinen Box und brabbelt auf Spanisch etwas hinein. Was ich verstehen kann ist: „Hey Google…“. Und schon wird aus dem Gebrabbel ein verständlicher Satz in Englisch: „Which time should the Taxi coming to pick you up?“. Na, so in einer Stunde wäre gut, sage ich. Derweil lachen sich ein paar ältere Fahrradfahrer schlapp, weil ich nach einer Taxe frage. Ich mache einem von ihnen klar, das ich bereits 10 km unterwegs bin, was ihn etwas ins staunen versetzt. Ist ja auch gerade erst kurz nach 8.

Nach meinem ersten Kaffee spricht mich die Dame vom Thresen an. Wieder muss Google übersetzen. Sie fragt mich, ob ich mit dem Fahrer der Bicyclisten fahren möchte. Dann müsste ich nichts zahlen! Ich willige ein und lade den Fahrer auf einen Kaffee ein. Wir unterhalten uns ein bisschen und fahren los.

Mein eigentlicher Plan von Casar d.C. ca. 15 km bis nach Embalse de Alcantara zu fahren und von dort weiterzulaufen scheitert, das es einen zu großen Umweg für den netten Herren bedeuten würde. Also fahre ich mit ihm direkt nach Canaveral, wo er mich an einer Tanke am Ortseingang rauslässt.

Es ist 9.30 Uhr als ich in die hiesige Herberge komme und mich der Hospitaliere, welcher gerade sauber macht, in Empfang nimmt. Ich entschuldige mich, das ich so früh da bin, was der Abfertigung jedoch keinen Abbruch tut. Wenigstens ist das Bett für heute Nacht gesichert. Ich glaube das ich mir jetzt mal die Stadt ansehen werde…aber vorher noch 1-2 kleine Kaffee in der nahegelegenen Bar Los Arcos. Ja, die Bar ist nach dem gleichnamigen Ort am Camino Frances benannt 😉.

So, nach dem Kaffee und den frischgepressten Orangensäften, gehe ich zurück in die Herberge. Warum? Naja, ich bin zwar nicht viel gelaufen, aber das tut dem Gestank keinen Abbruch. Also Duschen. Nach der Dusche schnappe ich mir die stinkenden Klamotten und suche das Waschbecken für die Wäsche. Der Hospitaliere findet mich in der Küche und zeigt mir das Becken, wo ich meine versiffte Wäsche erledigen kann. Hinter dem Gatter kommt gleich eine Armee von Hühnern uns entgegen. Kurz danach entdecke ich das Schaf und den Bernadiner, welcher es sich unter einem Baum gemütlich gemacht hat und döst. Als ich dann auch noch ein Wiehern wahrnehme, falle ich aus allen Wolken. Im Stall steht das dazugehörige Pferd. Ich kriege mich nicht mehr ein, erledige mein Programm und suche die nächste Bar auf. Bier und ein fett belegtes Baguette mit Käse lassen den Cholesterinwert durch die Decke gehen und die Absicht abzunehmen schwinden. Was habe ich mir nur dabei gedacht mit dem Rauchen aufzuhören und den Bauch „bye bye“ zu sagen. Tse, doch nicht in Spanien 😜. Völlig falsches Land für so ein schwachsinniges Vorhaben! Also ich kann nichts dafür. Ich hab’s probiert.

Es ist 14.30 Uhr. Der erste Pilger kommt in die Herberge und platziert sich in meiner Kammenate. Er sieht etwas fertig aus und ich grage ihn wo er denn hergekommen ist? Aus Caceres sagt er! Schluck! Ich prüfe seine Angabe und muss feststellen das er heute 42 Kilometer gelaufen ist 😳. Was stimmt denn mit dem nicht? Achso, Amerikaner! Na die übertreiben ja alles mal ganz gerne. Hihi 😜.

Später gehen wir noch zusammen ein Bierchen schlürfen… Ne warte mal der Wein getrunken 🧐… und er erzählte, das er in Gibraltar gestartet ist. Und zwar am 15. April. Momentomal! Das war ein Tag bevor ich nach Sevilla kam!? Joggt der den Weg? Naja, also eines ist schonmal klar. Ausser heute werde ich wohl dem Kerl nicht wieder begegnen. Schade, den eigentlich ist er eine interessante Type, mit Wohnsitz in Montana. Da kenne ich bislang noch keinen zum Urlaub machen 😬.